November 1

ISO 18587 vs. ISO 17100: Wo liegen die Unterschiede?

Wer Sprachdienstleistungen nach anerkannten Standards erbringen will, stößt schnell auf zwei Normen: ISO 17100 und ISO 18587. Beide zielen auf professionelle Übersetzungsqualität – jedoch mit unterschiedlichem Fokus. Hier ist der praxisnahe Vergleich, der Ihnen die Entscheidung erleichtert.


Kurzüberblick

  • ISO 17100: Standard für menschliche Übersetzungsleistungen (Human Translation, HT) – von der Anfrage bis zur Lieferung, inkl. verpflichtender Revision durch eine zweite qualifizierte Person (Vier-Augen-Prinzip).

  • ISO 18587: Standard für Post-Editing von maschinellen Übersetzungen (MTPE) – legt fest, wie maschinelle Rohübersetzungen von qualifizierten Post-Editor:innen auf professionelles Niveau gebracht werden.

Sie erreichen uns telefonisch unter +41 44 552 66 17 oder schreiben Sie eine E-Mail an Herrn Markus Kukla, Leiter der Zertifizierungsstelle. Wir freuen uns auf Ihre geschätzte Kontaktaufnahme!

Geltungsbereich & Zweck

  • ISO 17100 deckt den vollständigen Prozess professioneller Übersetzungen ab (Ressourcen, Kompetenzprofile, Projektübernahme, Terminologie, Revision, Lieferung).

  • ISO 18587 konzentriert sich ausschließlich auf Projekte, in denen MT eingesetzt wird und die durch Post-Editing auf Veröffentlichungsgüte gebracht werden sollen.

Merksatz: 17100 = HT-Prozessstandard. 18587 = MTPE-Prozessstandard.


Kompetenz- und Rollenanforderungen

  • ISO 17100: Übersetzer:innen und Revisor:innen benötigen formale Qualifikationen (z. B. einschlägiger Abschluss oder definierte Berufspraxis). Revision ist Pflicht und muss von einer zweiten Person erfolgen.

  • ISO 18587: Post-Editor:innen müssen über Übersetzungskompetenz + MT-spezifische Fähigkeiten verfügen (Fehlermuster erkennen, Produktivität vs. Qualität abwägen, Stil angleichen). Eine zweite Person für abschließende Überprüfung/Review ist gefordert, aber die Tätigkeit ist klar auf Post-Editing ausgerichtet (nicht „neu übersetzen“).

Prozesslogik: HT vs. MTPE

ISO 17100 – typische Schritte
Anfrage & Analyse → Angebot → Ressourcenplanung → Übersetzung (HT) → Revision (2. Person) → Korrekturen → Lieferung → Feedback/Nachpflege.

ISO 18587 – typische Schritte
Eignungsprüfung für MT → MT-Engine/Profil wählen → Post-Editing (light oder full) → Review/Finalisierung → Qualitätssicherung → Lieferung → Rückkopplung in MT- und Terminologie-Optimierung.

Qualitätsziele & Abnahme

  • ISO 17100: Qualität resultiert primär aus HT + Revision, Terminologie- und Stilkonformität; Mängel werden prozessual (Vier-Augen-Prinzip) abgefangen.

  • ISO 18587: Qualität resultiert aus zielgerichtetem Post-Editing; die Norm unterscheidet Light (lesbar, sinngemäß, für interne Nutzung) und Full Post-Editing (stilistisch natürlich, veröffentlichungsreif). In der Praxis setzen viele LSPs standardmäßig Full PE ein, wenn die Übersetzung veröffentlicht wird.

Dokumentation & Nachweise

  • Beide Normen fordern saubere Projekt-, Ressourcen- und Terminologiedokumentation, Vertraulichkeit, Änderungs- und Freigabeprozesse.

  • ISO 18587 verlangt zusätzlich spezifische Nachweise zur MT-Eignungsprüfung (Domain, Texttyp, Risiken), Anleitung für PE-Level (Light/Full) und Rückkopplung zur kontinuierlichen Verbesserung von Engine/Workflow.

Metriken & Qualitätssicherung

  • ISO 17100: Fokus auf sprachliche Korrektheit, Terminologie, Stil, Konsistenz, Nachvollziehbarkeit der Revision.

  • ISO 18587: Zusätzlich MT-spezifische Fehlerklassen (z. B. Halluzinationen, Terminologie-Drift, Strukturfehler), Produktivitätskennzahlen (WPH, PE-Leistung), Qualitätsmetriken (z. B. MQM/DS). Wichtig ist die Messbarkeit, um MTPE wirtschaftlich und qualitätsgesichert zu betreiben.

Kosten, Zeit & Wirtschaftlichkeit

  • ISO 17100: Höherer Aufwand durch vollständige HT + Pflichtrevision; planbar, besonders für komplexe Inhalte ohne MT-Tauglichkeit.

  • ISO 18587: Potenzial für kürzere Durchlaufzeiten und bessere Skalierung, wenn Ausgangstexte MT-tauglich sind (klare Syntax, wiederkehrende Strukturen, definierte Terminologie). Ohne MT-Eignung verpufft der Vorteil.

Risiko- und Eignungsprüfung (entscheidend für 18587)

Vor MTPE ist zu klären:

  • Texttyp & Risiko (juristisch/medizinisch vs. Marketing/Support)

  • Kundenvorgaben (Tonality, Terminologie, CI)

  • Sprachenkombination & Domain (Engine-Qualität)

  • Datenschutz (Engine/Hosting, vertrauliche Inhalte)

  • Output-Qualität (Pilotlauf mit Stichproben & Metriken)

Nur bei positivem Eignungs-Check lohnt ISO-18587-konformes MTPE.


Entscheidungshilfe: Wann welche Norm?

  • Setzen Sie auf ISO 17100, wenn …

    • Inhalte hohes Risiko tragen (rechtlich, medizinisch, sicherheitskritisch).

    • Markenstil/kreative Wirkung zentral sind.

    • MT-Output in Ihrer Domäne nicht verlässlich ist.

  • Setzen Sie auf ISO 18587, wenn …

    • Volumen und Time-to-Market zählen (Support, Kataloge, Wissensbasen).

    • Ihre Inhalte MT-tauglich sind und Sie Full PE für Veröffentlichung nutzen.

    • Sie Produktivität messbar steigern und MT kontinuierlich verbessern wollen.

Best Practice: Beides kombinieren

Viele Organisationen etablieren beide Standards parallel:

  • ISO 17100 als „Goldstandard“ für kritische/hochwertige Inhalte.

  • ISO 18587 für skalierbare Bereiche mit Full PE und klaren KPI-Guardrails.
    Ein Routing-Framework (Textklassifizierung → Normpfad) sorgt für Qualität und Wirtschaftlichkeit.


Tags

ISO 17100, ISO 18587, iso zertifikat, professionelle übersetzung, übersetzer deutsche englisch, zertifizieren, zertifizierte, zertifizierungen, zertifizierungsaudit


Blog